Geistliche Betrachtungen zu den Enzykliken des hl. Johannes Pauls II. – Teil 34 Eucharistische Andacht vor dem Allerheiligsten. Foto: Elisa Pires via JMJ Rio 2013-Flickr (CC BY-NC-SA 2.0) In „Ecclesia de eucharistia“ werden wir mit dem Lebensprinzip der Kirche vertraut gemacht. Das, was wirklich Kirche ist, lässt sich nur eucharistisch verstehen. Der heilige Johannes Paul II. legt darum dar: „Die Eingliederung in Christus, die in der Taufe verwirklicht wird, erneuert und festigt sich beständig durch die Teilnahme am eucharistischen Opfer, vor allem durch die volle Teilnahme am Opfer in der sakramentalen Kommunion. Wir können sagen, daß nicht nur jeder einzelne von uns Christus empfängt, sondern auch, daß Christus jeden einzelnen von uns empfängt.“ In der Eucharistie wird der Freundschaftsbund Christi mit den Jüngern, mit jedem Einzelnen von uns deutlich und in der Feier der heiligen Messe sakramental erneuert. Die Kirche ist nämlich weder Apparat noch Behörde – auch wenn sie in ihren säkularen Formen oft so erscheint und manche Amtsträger wie Funktionäre auftreten –, und sie ist weder eine NGO noch ein weltumspannender Konzern. Wer nicht begreift, dass die Kirche aus der Eucharistie lebt, hat nichts von ihr verstanden: „Unsere Vereinigung mit Christus, die Geschenk und Gnade für jeden einzelnen ist, bewirkt, daß wir in ihm auch zur Einheit seines Leibes, zur Kirche, zusammengefügt werden. Die Eucharistie festigt die Eingliederung in Christus, die in der Taufe durch die Gabe des Geistes grundgelegt worden ist (vgl. 1 Kor 12, 13.27).“ Die Eucharistie stiftet Einheit: „Den Keimen der Entzweiung unter den Menschen, die – wie die tägliche Erfahrung zeigt – aufgrund der Sünde tief in die Menschheit eingegraben sind, stellt sich die schöpferische Kraft der Einheit des Leibes Christi entgegen. Die Eucharistie, die die Kirche auferbaut, schafft gerade dadurch Gemeinschaft unter den Menschen.“ Johannes Paul II. würdigt gerade die Formen der Anbetung des Allerheiligsten Sakraments, das stille Gebet vor dem Tabernakel. Er schreibt sehr persönlich darüber: „Es ist schön, bei ihm zu verweilen und wie der Lieblingsjünger, der sich an seine Brust lehnte (vgl. Joh 13, 25), von der unendlichen Liebe seines Herzens berührt zu werden. Wenn sich das Christentum in unserer Zeit vor allem durch die »Kunst des Gebetes« auszeichnen soll, wie könnte man dann nicht ein erneuertes Verlangen spüren, lange im geistlichen Zwiegespräch, in stiller Anbetung, in einer Haltung der Liebe bei Christus zu verweilen, der im Allerheiligsten gegenwärtig ist? Wie oft, meine lieben Brüder und Schwestern, habe ich diese Erfahrung gemacht, und daraus Kraft, Trost und Stärkung geschöpft!“ Weiterhin betont er: „Wenn die Eucharistie die Kirche auferbaut und die Kirche die Eucharistie vollzieht, wie ich eben in Erinnerung gerufen habe, so folgt daraus, daß es zwischen der Eucharistie und der Kirche eine sehr enge Verbindung gibt.“ Unentbehrlich sei der „Dienst der Priester“, also der geweihten Priester: „Das priesterliche Dienstamt ist unersetzlich, um die eucharistische Konsekration gültig an das Kreuzesopfer und an das Letzte Abendmahl zu binden.“ Ohne Priester kann es keine eucharistische Versammlung geben. Zugleich stellt der Papst klar: „Die Tatsache, daß die Vollmacht zur Darbringung der Eucharistie ausschließlich den Bischöfen und Priestern anvertraut ist, stellt keine Herabsetzung des übrigen Gottesvolkes dar.“ Der heilige Papst bittet inständig darum, um Priesterberufungen zu beten. Ebenso wirbt er für eine neue Wertschätzung des Bußsakraments. Notwendig sei auch, dass eine „wahrhaft eucharistische Gemeinde sich nicht selbstgenügsam in sich verschließen kann, sondern offen sein muß gegenüber jeder anderen katholischen Gemeinde“ – und dies steht entgegen all jenen heutigen Überlegungen, die vom Charisma bestimmter Kirchorte sprechen. Deutlich betont Johannes Paul II.: „Die kirchliche Gemeinschaft der eucharistischen Versammlung ist Gemeinschaft mit dem eigenen Bischof und mit dem Papst.“ Wer glaubt, darauf verzichten können, schert aus der Gemeinschaft der Kirche aus: „Jeder Gläubige hat die Aufgabe, die kirchliche Gemeinschaft zu bewahren und zu fördern, besonders im sorgsamen Umgang mit der Eucharistie, dem Sakrament der Einheit der Kirche. Noch konkreter fällt diese Aufgabe den Hirten der Kirche zu, die gemäß ihrer eigenen Stellung und ihrem kirchlichen Amt eine besondere Verantwortung haben.“ Es gelte, auf die Würde der Feier der Eucharistie und auf die Einhaltung der liturgischen Normen zu achten. Johannes Paul II. erklärt darum: „Die Liturgie ist niemals Privatbesitz von irgend jemandem, weder vom Zelebranten noch von der Gemeinde, in der die Mysterien gefeiert werden. … Auch in unserer Zeit muß der Gehorsam gegenüber den liturgischen Normen wiederentdeckt und als Spiegel und Zeugnis der einen und universalen Kirche, die in jeder Eucharistiefeier gegenwärtig wird, geschätzt werden. Der Priester, der die heilige Messe getreu nach den liturgischen Normen feiert, und die Gemeinde, die sich diesen Normen anpaßt, bekunden schweigend und doch beredt ihre Liebe zur Kirche. … Niemand darf das Mysterium unterbewerten, das unseren Händen anvertraut wurde: Es ist zu groß, als daß sich irgend jemand erlauben könnte, nach persönlichem Gutdünken damit umzugehen, ohne seinen sakralen Charakter und seine universale Dimension zu achten.“ Die Eucharistie sei der „Schatz der Kirche“ und das „Herz der Welt“, zugleich „ein großes Geheimnis, das uns überragt und die Fähigkeit unseres Geistes gewiß auf die harte Probe stellt, über den Augenschein hinauszugehen“. Johannes Paul II. empfiehlt, auf Maria zu schauen und von ihr zu lernen: „Wenn wir Maria betrachten, die mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen ist, sehen wir ein Stück des »neuen Himmels« und der »neuen Erde«, die sich bei der zweiten Ankunft Christi vor unseren Augen öffnen werden. Die Eucharistie ist hier auf Erden ihr Unterpfand und in gewisser Weise ihre Vorwegnahme: »Veni, Domine Iesu!« (Offb 22, 20). Im demütigen Zeichen von Brot und Wein, die in seinen Leib und in sein Blut wesensverwandelt werden, geht Christus mit uns; er ist unsere Kraft und unsere Wegzehrung, er macht uns für alle zu Zeugen der Hoffnung. Wenn vor diesem Mysterium der Verstand seine Grenzen erfährt, so erahnt doch das Herz, das von der Gnade des Heiligen Geistes erleuchtet ist, wie man sich davor verhalten und in Anbetung und grenzenloser Liebe darin versenken soll.“ In der letzten Enzyklika des Pontifikates hat Johannes Paul II. – wie in seinem ganzen Leben hindurch – diese Hoffnung demütig glaubend bezeugt. Darum können wir alle