„Was ist Berufung? Es ist ein innerer Ruf, der wie ein Same in die Seele fällt und dort keimt. Der Herr ruft alle Christen zur Heiligkeit, zur Nachahmung, zum Leben nach dem Evangelium. Zum allgemeinen Wohl der Kirche, zum Dienst am Volk Gottes und zum Zeugnis für sein Reich beruft er jedoch einige Menschen zum Amtspriestertum oder zu einer besonderen Ordensweihe im Sinne der evangelischen Räte, das heißt zum Ordensleben. Jede solche Berufung ist ein besonderes Geschenk für den Berufenen – und auch für die ganze Gemeinschaft der Kirche. (…)
Wenn wir für Berufungen beten, bitten wir nicht nur um den Samen, den nur der Heilige Geist in die Seele eines jungen Menschen säen kann, sondern auch um alles, was für das Wachstum dieses Samens unerlässlich ist. Der Bauer, von dem in der heutigen Liturgie die Rede ist, wartet nicht nur auf den Regen für sein Land, sondern tut auch alles, was für den Anbau der gesäten Saat notwendig ist. Für die Arbeit der Berufe braucht man Geduld, aber auch Ausdauer und konsequente innere Arbeit. Wir brauchen kirchliche Seminare mit einem angemessenen Ausbildungs- und Studienprogramm. Es bedarf eines geistlichen Klimas, das sich aus verschiedenen Quellen speist: aus der Überzeugung von der Bedeutung der Berufung, aus geeigneter Literatur und entsprechenden Veröffentlichungen, aus dem Engagement der Familien und schließlich aus dem Einfluss der Seelsorger selbst, die durch ihren Lebenswandel und ihr Verhalten das zu befolgende Ideal verkörpern. (…)
Berufungen können nicht entstehen, wo all dies fehlt, wo Hindernisse in den Weg gelegt werden, wo keine ehrlichen und grundlegenden Anstrengungen in dieser Richtung unternommen werden, um das Kommen des Herrn zu den Seelen vorzubereiten, die er zu seinem unteilbaren Dienst rufen will.“
Quelle: Angelus, 14.12.19080 (Portugiesisch) , Vatican.va