Spiritualität der Arbeit
Geistliche Betrachtungen zu den Enzykliken des hl. Johannes Pauls II. – Teil 6 Foto: Zoe Schaeffer / Unsplash (CC0) Am 14. September 1981 – nur vier Monate nach dem Attentat auf dem Petersplatz – publiziert Johannes Paul II. die Sozialenzyklika „Laborem exercens“, in der er sich zur Tradition der katholischen Soziallehre bekennt und die Würde des arbeitenden Menschen bekräftigt. Zugleich widmet er sich der „Spiritualität der Arbeit“. Der Papst möchte also über Arbeit auch im geistlichen Sinne nachdenken, nicht zuletzt weil stets der „ganze Mensch beteiligt ist“, mit „Körper und Geist, unabhängig davon, ob es sich um körperliche oder um geistige Arbeit handelt“: „Dem ganzen Menschen gilt auch die Frohbotschaft des Evangeliums, in der wir viele Aussagen finden, die ein besonderes Licht auf die menschliche Arbeit werfen. Solche Aussagen erfordern aber eine entsprechende Aneignung; sie verlangen ein inneres Bemühen des menschlichen Geistes unter der Leitung von Glaube, Hoffnung und Liebe, wenn sie der Arbeit des konkreten Menschen jene Bedeutung geben sollen, die sie in den Augen Gottes hat und durch die sie zum Heilsgeschehen gehört, unbeschadet ihrer weltlichen Struktur und Verflechtung, die ihre besondere Bedeutung behalten.“ Die Arbeit in der Welt ist ein Weg der geistlichen Vertiefung, ja ist der Weltdienst des Christgläubigen, der arbeitend Gott näherkommt und bestellt ist, „an seinem Heilsplan für Mensch und Welt mitzuwirken und in ihrem Leben die Freundschaft mit Christus zu vertiefen“. Dem heiligen Johannes Paul II. ist es stets wichtig, die Würde der Person hervorzuheben und ganzheitlich vom Menschen zu denken. In dem Sinne kann und darf ein arbeitender Mensch niemals als Sklave oder unter unwürdigen Bedingungen zu Dienst verpflichtet werden. Die christliche Botschaft der Erlösung darf der sozialen Frage nicht ausweichen, und die Kirche ist dazu bestellt, sich zu diesen Themen im Sinne des Evangeliums zu äußern. Der Mensch nimmt als „Abbild Gottes“ mit seiner Arbeit „am Werk des Schöpfers“ teil. Die Würde der Arbeit bestünde darin, dass der Mensch berufen ist, Gott zu ehren und auch arbeitend nachzunahmen. Das schließt auch jede ungemäße Herrschaft über die Schöpfung und jeden Raubbau an der Natur aus: „Der Mensch soll Gott nachahmen sowohl in der Arbeit als auch in der Ruhe, da Gott selbst ihm sein eigenes schöpferisches Tun in der Form der Arbeit und der Ruhe vor Augen führen wollte.“ Zugleich betont der Papst den Wert der Sonntagsruhe und insistiert, dass der Mensch von Arbeit nicht okkupiert sein dürfe. Im „Inneren des Menschen“ müsse ein „Freiraum“ bleiben, „wo der Mensch immer mehr das wird, was er dem Willen Gottes entsprechend sein soll“. Die Spiritualität zeigt sich in einem doppelten Sinne – in der Würde der Arbeit selbst, in der Teilhabe am Schöpfungswerk und in der Nachfolge Christi, der selbst ein „Mann der Arbeit“ gewesen sei – dem Beispiel des Pflegevaters Josef, dem Zimmermann, folgend: „Wenn wir auch in seinen Worten keine besondere Ermahnung zur Arbeit finden, sondern einmal sogar ein Verbot übertriebener Sorge um Arbeit und Unterhalt, so ist doch die Sprache des Lebens Christi selbst eindeutig: Er gehört zur »Welt der Arbeit«, anerkennt und achtet die menschliche Arbeit. Man kann sogar sagen: Er schaut mit Liebe auf die Arbeit und ihre verschiedenen Formen, deren jede ihm ein besonderer Zug in der Ähnlichkeit des Menschen mit Gott, dem Schöpfer und Vater, ist.“ So scheut sich Johannes Paul II. nicht, mit Blick auf den Herrn von einem „diskreten Evangelium der Arbeit“ zu sprechen, „das wir in Christi Leben und Gleichnissen finden“. Die Wertschätzung der Arbeit wird in den Konstitutionen des Zweiten Vatikanischen Konzils zum Ausdruck gebracht. Ebenso wird nachdrücklich daran erinnert, dass der Mensch nicht nur von seiner Arbeit her verstanden werden soll. Unwürdig sind jegliche Formen der Ausbeutung und Entfremdung, unwürdig ist eine Wirtschaftspolitik, in der die Profitmaximierung einiger weniger oder einer elitären Gruppe betrieben wird, aber die Sorgen der Arbeiter und Arbeitslosen ignoriert werden und unberücksichtigt bleiben. Unangemessen ist für Johannes Paul II. die Relativierung von bestimmten Arbeitsformen: „Noch ein Aspekt der menschlichen Arbeit, eine ihrer wesentlichen Dimensionen, wird von der Spiritualität aus dem Evangelium tief durchdrungen. Jede Arbeit – ob körperlich oder geistig – ist unvermeidlich mit Mühen verbunden.“ Die Mühsal, die jede Arbeit bereitet, ist auch ein Aspekt der Passionsgemeinschaft mit Christus: „Schweiß und Mühsal, welche die Arbeit in der gegenwärtigen Heilssituation der Menschheit notwendigerweise mit sich bringt, bieten dem Christen und jedem Menschen, der zur Nachfolge Christi berufen ist, die Möglichkeit zur liebenden Teilnahme an jenem Werk, für das Christus gekommen ist. Dieses Heilswerk wurde durch Leid und Kreuzestod vollzogen. Indem der Mensch die Mühsal der Arbeit in Einheit mit dem für uns gekreuzigten Herrn erträgt, wirkt er mit dem Gottessohn an der Erlösung der Menschheit auf seine Weise mit. Er erweist sich als wahrer Jünger Christi, wenn auch er Tag für Tag bei der ihm aufgegebenen Tätigkeit sein Kreuz auf sich nimmt.“ So ist auch das Kreuz gegenwärtig in der Mühsal des Tagewerks, das der Weltchrist vollbringt. Die Mühsal, so betont Johannes Paul II., ist ein notwendiger Teil der menschlichen Arbeit, ebenso des Lebens als Ebenbild Gottes überhaupt: „So bestätigt sich einerseits die Unausweichlichkeit des Kreuzes in der Spiritualität der menschlichen Arbeit; andererseits enthüllt sich bereits in diesem Mühsal-Kreuz ein neues Gut, das von der Arbeit ausgeht: von der Arbeit, verstanden in der Tiefe und Fülle ihrer Bedeutung – und nie ohne die Arbeit.“ Quelle: CNA Deutsch, 06. März, 2021 Autor: Dr. Thorsten Paprotny
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