Die Familie – Heiligtum des Lebens

Geistliche Betrachtungen zu den Enzykliken des hl. Johannes Pauls II. – Teil 28
Illustration Foto: Jessica Rockwitz / Unsplash (CC0)

In seiner großen Enzyklika „Evangelium vitae“ kommt der hl. Johannes Paul II. – und wie könnte es anders sein – nicht auf neue Familien- und Partnerschaftsmodelle zu sprechen, sondern auf die naturrechtlich wie biblisch gegründete christliche Familie. Er erörtert die „Verantwortlichkeit, die dem der Familie eigenen Wesen — nämlich auf die Ehe gegründete Lebens- und Liebesgemeinschaft zu sein“: „Es geht um die Liebe Gottes selbst, dessen Mitwirkende und gleichsam Interpreten seiner Liebe die Eltern sind, wenn sie dem Plan des Vaters entsprechend das Leben weitergeben und erziehen. Die Liebe wird somit zu unentgeltlichem Dienst, zu Aufnahme, zum Geschenk: in der Familie wird ein jeder anerkannt, geachtet und geehrt, weil er Person ist, und wenn einer es nötig hat, wird ihm intensivere und aufmerksamere Fürsorge zuteil.“ Der „Aufbau der Kultur des Lebens“ erfordere die Familie notwendig, diese sei entscheidend und unersetzlich. 

Die Familie ist auch die Stätte des Gebetes, der Ort der Geborgenheit und Schutzraum der für einander Sorge tragenden Personen. Die Eltern kümmern sich in Liebe und Dankbarkeit um die Kinder, und die Kinder begleiten am Ende der Wegstrecke ihre Eltern. Verbunden ist die Familie als Hauskirche in Gott und eingebettet in das Leben der Kirche: „Als Hauskirche ist die Familie aufgerufen, das Evangelium vom Leben zu verkünden, zu feiern und ihm zu dienen.“ So ist die Familie auch ein Ort der Verkündigung: „Durch das Wort und das Beispiel in den täglichen Beziehungen und Entscheidungen und durch konkrete Gesten und Zeichen führen die Eltern ihre Kinder in die echte Freiheit ein, die sich in der aufrichtigen Selbsthingabe verwirklicht, und bilden in ihnen die Achtung vor dem anderen, den Gerechtigkeitssinn, die herzliche Aufnahme, den Dialog, den großzügigen Dienst, die Solidarität und jeden anderen Wert aus, der helfen soll, das Leben als ein Geschenk zu leben.“ Unverzichtbar ist das „tägliche Gebet“, für jeden persönlich und in der Gemeinschaft der Familie. Das Gebet stärkt in der Hoffnung. Es festigt auch die Bande untereinander und die Beziehung zu Gott: „Aber die Feier, die jeder anderen Gebets- und Kultform erst Sinn gibt, ist diejenige, die sich im alltäglichen Dasein der Familie ausdrückt, wenn es denn ein Dasein ist, das von Liebe und Sich-Verschenken bestimmt wird.“

In der Familie finden auch die alten Menschen ihren Platz und ihr Zuhause. Der heilige Papst nennt es unerträglich, wenn die betagten Familienmitglieder als Last empfunden werden: „Die Abschiebung oder gar Ablehnung der alten Menschen ist unerträglich. Ihre Anwesenheit in der Familie oder wenigstens die Nähe der Familie zu ihnen, wenn es wegen beengter Wohnverhältnisse oder aus anderen Gründen keine realen Alternativen zum Krankenhaus oder Altenheim geben sollte, sind von grundlegender Bedeutung, um ein Klima gegenseitigen Austausches und bereichernder Kommunikation zwischen den verschiedenen Altersgruppen herzustellen. … Der alte Mensch ist nicht nur als Objekt der Aufmerksamkeit, der Nähe und des Dienstes zu betrachten. Auch er hat einen wertvollen Beitrag zum Evangelium vom Leben zu leisten. Dank des im Laufe der Jahre erworbenen reichen Erfahrungsschatzes kann und muß er einer sein, der Weisheit weitergibt sowie Zeugnis von Hoffnung und Liebe ablegt.“

Die Berufung der Familie liege darin, „Heiligtum des Lebens“ zu sein. Aber fördert die Kirche heute, wie Johannes Paul II. fordert, die Familienpastoral? Macht sie jungen Familien Mut, ihre „Sendungen gegenüber dem Evangelium“ neu zu entdecken und zu leben? Der „Synodale Weg“ in Deutschland bietet mit seinen Modellen, Initiativen und Foren eher ein Zerrbild dessen, was Johannes Paul II. und auch seine Amtsnachfolger gefordert haben – vom Lebensschutz ist nicht die Rede, von einer Erneuerung der Familienpastoral und -katechese in Christus auch nicht. Mit deutlichen Worten äußerte sich der Papst 1993: „Im heutigen gesellschaftlichen Kontext, der von einem dramatischen Kampf zwischen der »Kultur des Lebens« und der »Kultur des Todes« gekennzeichnet ist, muß man einen starken kritischen Geist zum Reifen bringen, der die wahren Werte und die echten Erfordernisse zu erkennen in der Lage ist. … Die Dringlichkeit dieser kulturellen Wende hängt mit der historischen Situation zusammen, in der wir uns befinden, aber sie wurzelt vor allem im Evangelisierungsauftrag, der wesenhaft zur Kirche gehört.“ 

Der Ungeist des moralischen Subjektivismus reiche bis weit in die Kirche hinein, ebenso der Mangel an der notwendigen Klarheit über die Wahrheit des christlichen Glaubens. Wir dürfen mit dem heiligen Johannes Paul II. um den Beistand Marias bitten – für das Leben:

„O Maria, 

Morgenröte der neuen Welt, 

Mutter der Lebendigen, 

Dir vertrauen wir die Sache des Lebens an: 

o Mutter, blicke auf die grenzenlose Zahl 

von Kindern, denen verwehrt wird, 

geboren zu werden, 

von Armen, die es schwer haben zu leben, 

von Männern und Frauen, 

die Opfer unmenschlicher Gewalt wurden, 

von Alten und Kranken, 

die aus Gleichgültigkeit 

oder angeblichem Mitleid getötet wurden. 

Bewirke, daß alle, 

die an deinen Sohn glauben, 

den Menschen unserer Zeit 

mit Freimut und Liebe 

das Evangelium vom Leben verkünden können. 

Vermittle ihnen die Gnade, es anzunehmen 

als je neues Geschenk 

die Freude, es über ihr ganzes Dasein hinweg 

in Dankbarkeit zu feiern, 

und den Mut, es mit mühseliger Ausdauer 

zu bezeugen, 

um zusammen mit allen Menschen 

guten Willens 

die Zivilisation der Wahrheit und der Liebe 

zu errichten, 

zum Lob und zur Herrlichkeit Gottes, 

des Schöpfers und Freundes des Lebens.

Amen.“

Quelle: CNA Deutsch,  7. August, 2021 

Autor: Dr. Thorsten Paprotny

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